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Auri

Literaturempfehlungen

#1

Beitrag von Auri » Sa 26. Sep 2015, 11:18

Heute kommt Umberto Ecos neuester Roman in die deutschen Buchläden.
Als großer Ecofan für mich natürlich ein Muss. Werde ich mir am Montag mal holen.
Es geht diesmal um die sich verändernde Zeitungslandschaft, den gesellschaftlichen Umbruch der Medienwelt. Spannendes Thema.
Buchtitel: Nullnummer
Artikel heute in der Süddeutschen:
http://www.sueddeutsche.de/kultur/umber ... -1.2666141

Von Eco kann ich alles empfehlen, "Die Insel des vorigen Tages" nuß man allerdings nicht gelesen haben und wenn dann nach der Hälfte weglegen. Danach passiert nix mehr, was durchaus Absicht des Autors ist. 250 Seiten mit null Handlung zu füllen ist zwar große Kunst bringt aber neben dem Gestrandeten auch den Leser zum verzweifeln.

Der beste Eco ist "Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana" in dem es um die Zeit des Faschismus in Italien geht, nebenbei eine Gesamtschau der italienischen Literatur dieser Zeit und vor allem geht es um das menschliche Gehirn. Muß man gelesen haben.

Eure Tips?



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Athineos
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Re: Literaturempfehlungen

#2

Beitrag von Athineos » Sa 26. Sep 2015, 14:04

Ein nicht taufrisches Buch ( von 2013 ), aber das beste Antikriegsbuch, das ich in der letzten Zeit las.
gleichzeitig eine exzellente Schilderung der Probleme von heranwachsenden Israelis zu Ende der 80er.
Es schildert die Vorkommnisse der Besetzung des Südlibanon in einer Gruppe von Soldatinnen nach dem Krieg von 1982, der für Israel sehr traumatisch war und tiefe Gräben im Lande aufriss.


Shani Boianjiu Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst Köln 2013



aus männlicher Sicht:
Ron Leshem Wenn es ein Paradies gibt Berlin 2008

Für den Historiker:

Thomas Asbridge Die Kreuzzüge Stuttgart 2010

Eine Monografie, die zur Zeit die beste zum Thema in deutscher Sprache ( Übersetzung ) ist, durchaus vergleichbar mit Altmeister Runciman.
Hier wird endlich mit der süßlich-moralischen Überfrachtung der Person des Saladin aufgeräumt, die er in unserem Sprachraum Herrn Kleist verdankt.

Zum Abschluss eine Neuheit zum Schmunzeln, die mir eine wertvolle Ergänzung war:

Ari Turunen Kann mir bitte jemand das Wasser reichen Eine kurze Anleitung der Arroganz München 2015
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Re: Literaturempfehlungen

#3

Beitrag von Felidae » Sa 26. Sep 2015, 14:50

Vor ein paar Wochen kam von Harper Lee das neue Buch "Gehe hin, stelle einen Wächter" auf den Buchmarkt.

Eigentlich ihr Erstlingswerk, daß damals von den Lektoren, auch aufgrund der politischen Lage, abgelehnt wurde und in der Versenkung verschwand. Aus dieser Geschichte wurde 1960 der Weltbestseller "Wer die Nachtigall stört..." (To Kill a Mockingbird - richtig würde es heißen: Spottdrossel) - Das erste und bis dahin einzige Buch von Harper Lee. Böse Zungen behaupteten die Handschrift Truman Capotes, einer ihrer besten Freunde, in diesem Pulitzerpreis-prämierten Stück zu erkennen.
In den Medien wurde "Gehe hin, stelle einen Wächter" sehr kontrovers besprochen, da die Geschichte der Scout hier aus der Sicht als Mitzwanzigerin erzählt wird, die feststellen muß, daß ihr weltoffener, toleranter Vater doch nicht so tolerant gegenüber der schwarzen Rasse ist, wie sie es als Kind in Erinnerung hatte. In Amerika wurde sogar von der Zersetzung eines amerikanischen Idols, Atticus Finch, gesprochen. Außerdem wurde erst jetzt das Buch veröffentlich, da Harper Lee sich anscheinend in all den Jahrzehnten geweigert hatte, dieses Buch herauszubringen, und diese nun in einem Pflegeheim lebt und einer Veröffentlichung nichts mehr entgegensetzten kann.

Ich habe beide Bücher gelesen und will hier jedem, der "Wer die Nachtigall stört" gerne gelesen hat, "Gehe hin, stelle eine Wächter" ans Herz legen. Die Leichtigkeit ist nach wie vor in der Sprache. Auch geht es hier nicht um die Zerstörung eines Idols, sondern eher um die Abnabelung einer Tochter, die ihren Vater in ihrer Jugend in den Himmel gehoben hat und nun feststellen muß, daß sie nur mit ihrem eigenen Gewissen und ihrer eigenen Meinung ein eigenständiger, erwachsener Mensch sein kann.

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Re: Literaturempfehlungen

#4

Beitrag von Athineos » Sa 26. Sep 2015, 15:05

Ich bin immer etwas sich skeptisch, wenn nach so vielen Jahren ein nachgelassen Werk " entdeckt " wird.
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Re: Literaturempfehlungen

#5

Beitrag von Felidae » Sa 26. Sep 2015, 15:08

Athineos » 26 Sep 2015, 13:05 hat geschrieben:Ich bin immer etwas sich skeptisch, wenn nach so vielen Jahren ein nachgelassen Werk " entdeckt " wird.
Ich fand es hingegen sehr schön, ein neues Buch im Stil der 1950er zu lesen.

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Re: Literaturempfehlungen

#6

Beitrag von Athineos » Sa 26. Sep 2015, 15:18

Das ja! Ich meinte die Authentizität des Autors. Ich erinnere mich mit Schrecken an die nachgelassen Hemingways ....
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Re: Literaturempfehlungen

#7

Beitrag von Felidae » Sa 26. Sep 2015, 15:29

Athineos » 26 Sep 2015, 13:18 hat geschrieben:Das ja! Ich meinte die Authentizität des Autors. Ich erinnere mich mit Schrecken an die nachgelassen Hemingways ....
Nun ja, die Historie von "Gehe hin, stelle einen Wächter" scheint gut belegt. Auch die Gründe warum die Lektorin damals das Buch abgelehnt hat, und hieraus die "entschärfte" Version "Wer die Nachtigall stört..." entstand.
Wenn man das Buch liest, erkennt man den Stil von Harper Lee. Es wurde anscheinend auch nicht viel kaputt korrigiert. Für manchen Leser mag der Stil auch recht altmodisch erscheinen. Aber gerade das hat mir an diesem Buch gefallen.

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Re: Literaturempfehlungen

#8

Beitrag von Kalle » Sa 26. Sep 2015, 16:38

Auri » 26 Sep 2015, 09:18 hat geschrieben:Heute kommt Umberto Ecos neuester Roman in die deutschen Buchläden.
Als großer Ecofan für mich natürlich ein Muss. Werde ich mir am Montag mal holen.
Es geht diesmal um die sich verändernde Zeitungslandschaft, den gesellschaftlichen Umbruch der Medienwelt. Spannendes Thema.
Buchtitel: Nullnummer
Artikel heute in der Süddeutschen:
http://www.sueddeutsche.de/kultur/umber ... -1.2666141

Von Eco kann ich alles empfehlen, "Die Insel des vorigen Tages" nuß man allerdings nicht gelesen haben und wenn dann nach der Hälfte weglegen. Danach passiert nix mehr, was durchaus Absicht des Autors ist. 250 Seiten mit null Handlung zu füllen ist zwar große Kunst bringt aber neben dem Gestrandeten auch den Leser zum verzweifeln.

Der beste Eco ist "Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana" in dem es um die Zeit des Faschismus in Italien geht, nebenbei eine Gesamtschau der italienischen Literatur dieser Zeit und vor allem geht es um das menschliche Gehirn. Muß man gelesen haben.

Eure Tips?
Da ich auch ein Ecofan bin, hier mein Tip. Das Foucaultsche Pendel von 1988?
Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich gehört habe, was ich sage.

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Re: Literaturempfehlungen

#9

Beitrag von Athineos » Sa 26. Sep 2015, 17:04

Unabdingbar für jeden Eco-Fan, der ich nicht bin, sind nicht so sehr seine Romane als seine kultur- und literaturkritischen Untersuchungen ( erschienen auf Deutsch bei Fink, Suhrkamp und Hanser ), an denen ich nicht vorbei kam.
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Re: Literaturempfehlungen

#10

Beitrag von augustus » So 27. Sep 2015, 12:17

Gerade gestern habe ich ein aufwühlendes Buch zu Ende gelesen, das mir eine Freundin empfohlen hatte, die es aus einer Bücherkiste ausgegraben hatte:

"Der Report der Magd" von der kanadischen Autorin Margaret Atwood

Sie schrieb es bereits 1985, erschienen bei uns 1987, verfilmt von Volker Schlöndorff 1990.

Es geht um ein totalitäres, christlich-fundamentalistisch geprägtes Regime in dieser Zeit in der wir leben. Sie beschreibt die Zeit aus der Sicht einer "Magd", die nur noch zum Zwecke des Gebährens einem "Kommandanten" zugeteilt wird, da viele Frauen und Männer unfruchtbar geworden sind nach Atomkriegen und Umweltverseuchung. Als Leser muss man sich die Umstände wie ein Puzzle zusammenbasteln (wenn man sich nicht vorher darüber informiert hatte, was ich nicht getan habe). Ich lasse mich gerne überraschen.
Es liest sich wie ein Krimi und ist eine Warnung an uns wie einst Orwells 1984 und ist immer noch aktuell wie man auch hier lesen kann:
Fast 30 Jahre nach seiner Entstehung hat Margaret Atwoods dystopischer Roman „Der Report der Magd“ nichts von seiner erschreckenden Wirkung verloren. Im Gegenteil: Einige Details aus der in einer nahen Zukunft spielenden Lebensgeschichte der Magd Desfred sind inzwischen kurz davor Wirklichkeit zu werden
http://www.kunstblogbuch.de/2014/03/01/ ... -der-magd/

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