Fahrerflucht

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forest

Fahrerflucht

#1

Beitrag von forest » Sa 30. Jul 2016, 20:23

Thomas Fischers Ausführungen zur Fahrerflucht könnten auch in den Rubriken Bayern, Deutschland, Sport oder Witz eingeordnet werden. Bayern läge hier nah, zumindest fängt es so an:

Tatort: Parkplatz eines griechischen Restaurants am Altmühlsee (eigenhändig ausgebaggert von Franz-Josef Strauss, Bewässerer der Wüsten, Ananaszüchter am Nordpol, Träger des Ivana-Trump-Zelníčková-Awards for successful Integration, Ehrenkönig von Tonga). Tatzeit: 23.30 Uhr. Einstieg Er + Sie, konfliktbehaftete Beziehung, nach wechselvollem Abend mit Ouzo-Abschied. Aufbruch durch schwungvolles Rückwärtsfahren mit Ford Scorpio im Halbkreis. Rasches Entfernen unter Hinterlassung eines demolierten Daimler 124. Augenzeugen, Kennzeichen, Lackspuren, nächtliche Fahndung in Mittelfranken: Auffinden des Beschuldigten in unklarem (fraglich: müde? fraglich: besoffen?) Zustand, in der Garage ein Ford Scorpio mit Heckschaden sichergestellt. Leider keine Blutprobe möglich, da Arzt nicht auffindbar. Ergebnis: Wer weiß?

Einlassung des Beschuldigten:

Völlig ausgeschlossen
Heckschaden: Da muss mir jemand reingefahren sein
Habe nichts bemerkt: Hatte nämlich

a) Beziehungsstress

b) Ärger bei der Arbeit

c) Radio war sehr laut

Einlassung Zeugin (zur Tatzeit Freundin des Beschuldigten): Weiß nichts mehr. Ist ja auch schon so lange her. Viel getrunken an dem Abend. Radio war laut.

Strafbefehl: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Paragraf 142 Abs. 1 Satz 1. Strafe: 60 Tagessätze Geldstrafe; Entziehung der Fahrerlaubnis; Neuerteilungssperre ein Jahr.

Einspruch (Paragraf 407 StPO). Hauptverhandlung beim Amtsgericht. Einwendung des Angeklagten: 1) Schaden kann nicht durch mich verursacht worden sein; 2) Wenn aber trotzdem Schaden durch mich verursacht: Habe nichts bemerkt; 3) Strafe zu hoch; 4) Fahrerlaubnisentziehung existenzvernichtend, da Provisionsvertreter.

In der Hauptverhandlung Beweisantrag des Angeklagten: Zum Beweis der Tatsache, dass

Der Schaden nicht durch das Fahrzeug des Angeklagten entstanden sein kann;
Ein Anstoß, der den Schaden verursacht haben kann, im Fahrzeug des Angeklagten nicht wahrgenommen werden kann, wenn das Radio laut läuft:

Sachverständigengutachten und Experiment/Augenschein.

Verfügung: Der Beweis wird wie beantragt erhoben.
Glück und Pech können nah beieinander liegen

Freitagnachmittag, Parkplatz Grieche. Anwesend: Gericht, Staatsanwalt, Angeklagter, Verteidiger, Geschädigter, drei Zeugen, Protokollführer, sieben Zuschauer, fünf Griechen. Vorsitzender nimmt in (von der Justiz gemietetem) baugleichem Ford Scorpio auf dem Beifahrersitz Platz; Sachverständiger TÜV-Ingenieur fährt mit ordentlicher Beschleunigung rückwärts gegen den (reparierten) Daimler des Geschädigten: Ohrenbetäubendes Krachen – nur geringe Abriebspuren. Zweiter Versuch: "Jetzt aber mal mit Schmackes!" Rückwärtsfahren, Krachen, Versetzen um 10 Zentimeter: Ergebnis: Kleinere Beulen. Dritter Versuch. Befehl des Vorsitzenden: Vollgas. Ingenieur und Vorsitzender werden 10 Zentimeter aus den Sitzen gehoben; donnerndes Krachen. Besichtigung beider Fahrzeuge: Sie zeigen exakt (!) das Schadensbild wie am Tatabend. Rückmarsch in den Gerichtssaal: "...Nehme ich hiermit im Namen meines Mandanten den Einspruch gegen den Strafbefehl zurück…". (Verfahrenskosten: 15.000 €.)


Der Artikel hat mehrere Seiten. Hier zitiert ist nur Fall 1 von 3 ohne Vor- und Nachworte. Aus:
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... ettansicht



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Re: Fahrerflucht

#2

Beitrag von SLR » Sa 30. Jul 2016, 20:46

Ah ja, da habe ich drauf gewartet.

Habe ich diese Woche gelesen. Finde allmählich wird er zu geschwätzig der Herr Fischer, also immer zu viel Rüschen drum rum um die Pralinen. Natürlich schon gut, schon eloquent, schon witzig - aber zu selbstgefällig.

Die angerissene Frage ist interessant. Warum muss man sich bei einem Bagatelldelikt, das nicht mal strafbewehrt ist, selbst stellen, wo man doch bei jedem Kapitalverbrechen davonlaufen darf.

Man bedenke, es stünde im Strafgesetzbuch, dass es bei Strafe verboten sei, sich nach einem Mord vom Tatort zu entfernen.

Oha denkt man, stimmt eigentlich, doch ist das tatsächlich so verwunderlich?

Gerade der Umstand, dass die fahrlässige Sachbeschädigung KEIN Straftatbestand ist macht es doch nötig, die Leute davon abzuhalten, ihre zivilrechtlichen Schulden nicht bezahlen zu wollen. Bei einem Kapitalverbrechen kann die Entfernung ohnehin nur immer einen untergeordneten Part im Strafrahmen ausmachen. Ist also komplett zu vernachlässigbar. Wenn aber das Unerlaubte Entfernen vom Unfallort keine Straftat wäre, würde keiner mehr für einen Sachschaden aufkommen wollen, davon kann man ausgehen.

Vllt. habe ich aber auch nur die Pointe nicht verstanden. Möglich. Es ist in der Tat immer sehr sehr viel zu lesen.
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Re: Fahrerflucht

#3

Beitrag von forest » Sa 30. Jul 2016, 21:42

Die Girlande mit FJS als Ananaszüchter am Nordpol verstehe ich auch nicht. Da war er wohl gerade in Fahrt oder ihm war nach gekühlten Ananas zumute. Vielleicht sollte es nur ein Appetitanreger für die folgenden trockenen Paragraphengerichte sein. Daß seine Akten im BGH unerledigt liegenbleiben, wurde ihm auch schon vorgehalten und irgendwo in seinem Zeit-Blog ging er drauf ein.

Bei Kapitalverbrechen - um themengerecht in der Wirtschaft zu bleiben - ist der Tatort auf ferne Inseln ausgelagert, Jungferninseln z.B., wo keine oder andere Gesetze gelten. Da ist dann keine Fahrerflucht, sondern Kapitalflucht.

Zu mehr reichts bei mir heute nicht mehr.
--- --- ---
Ah, die Pointe schaff ich noch. Ein Benz, zweimal gecrasht, nach dem ersten Mal repariert, zwei Ford Scorpio, der zweite vom Gericht gemietet, um den reparierten Benz nach dem dritten Versuch so zu crashen, daß der Schwerhörige seinen Einspuch zurücknimmt, bittesehr, macht 15.000 € für Wahrheitsfindung.

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Re: Fahrerflucht

#4

Beitrag von SLR » So 31. Jul 2016, 05:56

Bezüglich seiner Ausführungen zur Verschärfung des Sexualstrafrechts hat man ihm ja ordentlich das Fell über die Ohren gezogen. Da fand ich ihn allerdings überwiegend überzeugend.
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Re: Fahrerflucht

#5

Beitrag von forest » So 31. Jul 2016, 07:49

Das finde ich grundsätzlich, nicht nur bei seinen Ausführungen zu 'Nein heißt nein'. Da kommen einige Kolleginnen nicht gut weg, vor allem die, die sagen "So geht Politik".
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... r-im-recht
In wiki steht er auch. Er wollte mal Schriftsteller werden, tick, tick. Isser ja geworden... ;) , u.a.
https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Fischer_(Jurist)
Zu den Girlanden: Da holt er manchmal weit aus und bei der Gelegenheit kriegen Umstände und Personen scheinbar beiläufig ihr Fett ab, die mit der Sache eigentlich nichts zu tun haben oder vielleicht doch? Dialektischer Trick, würde ich sagen und man ist versucht zu fordern 'Witz komm raus'.

Zu den Jungferninseln oben frage ich mich auch wie ich darauf komme. Jetzt fällts mir ein: Wegen der Unschuld.

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Re: Fahrerflucht

#6

Beitrag von forest » So 31. Jul 2016, 21:57

SLR » 30 Jul 2016, 20:46 hat geschrieben: Finde allmählich wird er zu geschwätzig der Herr Fischer, also immer zu viel Rüschen drum rum um die Pralinen. Natürlich schon gut, schon eloquent, schon witzig - aber zu selbstgefällig.
Jetzt, wo Sie's sagen, aber auch schon früher, meldet sich die Konkurrenz (von der Zeit).

Überhaupt hat der Mann einen wirklich starken Motor. Allerdings muss man die PS auch auf die Straße bringen. Fischers Fahrwerk allerdings gleicht eher einem dieser vollgemüllten Einkaufswagen, die irrlichternde Obdachlose vor sich herschieben – wo ein Vorderrad wild rappelt, weil irgendwas kaputt gegangen ist. Da ist es schwer, die Spur zu halten.

Es kommen noch mehr solcher Bilder, wie sie eigentlich nur einer malen kann, der fleißig bei Fischer abgeguckt hat.

http://www.faz.net/aktuell/politik/inla ... 64561.html

forest

Re: Fahrerflucht

#7

Beitrag von forest » Mi 3. Aug 2016, 09:57

Wie schon früher bei Journalisten, die Fischer ans Bein pinkeln, kriegt auch Volker Zastrow von der FAZ Fischers Ehrerbietung:

Der Kolumnenkenner Volker Zastrow erhält den Preis des Kolumnisten und zugleich den Baden-Badener "Venus Award" für sein Werk Der Richter mit den dicken Silikonbrüsten, veröffentlicht in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) vom 31. Juli 2016 auf Seite zwo.

Ich empfehle Ihnen allen das Werk zur Lektüre – es ist eine Art Porträt meiner Person – immerhin das dritte dem Fischer im Recht gewidmete, welches die Zeitung für Deutschland binnen kurzer Zeit in die Welt schleudert. Man kann dabei, wie schon in den vorangegangenen Erregungsausscheidungen der FAZ, das eine oder andere lernen über unsere gute alte Zeitung für Deutschland.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... mok-terror

Und so endet es:
Zur selben Stunde, da Volker Zastrow und die Zeitung für Deutschland ihm jede Spur irgendeiner Anerkennung versagten, las der Kolumnist in der Welt am Sonntag vom 31. Juli auf Seite 22 ein vom Autor Uwe Schmitt verfasstes Porträt des Fischers im Recht. Dort wurde ein ganz anderer Richter vorgestellt, der Herrn Zastrow ebenso unbekannt ist wie der von ihm selbst beschriebene.

Bleibt die Frage: Kennen die beiden Richter einander? Handelt es sich um ungleiche Zwillinge? Um gespaltene Persönlichkeiten? Wer weiß. Sicher ist bloß, dass keiner von beiden einen Herrn Zastrow kennt. Und das ist gut so.


..bis er zur Reform von Gesetzen kommt und endlich schließt:
Genug für heute. Zu viele Fragen. Vielleicht fällt mir bis zur nächsten Woche eine Antwort ein oder ein Vorschlag. Andernfalls mach ich's wie die Journalisten: Einfach das Thema wechseln und so tun, als sei alles ganz einfach und bloß der Bürger zu beschränkt, es zu verstehen.

Schon ein bißchen anstrengend.

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Re: Fahrerflucht

#8

Beitrag von SLR » Fr 5. Aug 2016, 18:42

forest » 03 Aug 2016, 09:57 hat geschrieben:Wie schon früher bei Journalisten, die Fischer ans Bein pinkeln, kriegt auch Volker Zastrow von der FAZ Fischers Ehrerbietung:



Schon ein bißchen anstrengend.
Schon ein bisschen sehr anstrengend. Jetzt sind's schon 6 Seiten, durch die man sich durchkämpfen muss. Wird der nach Zeilen bezahlt? Verdienen Bundesrichter so schlecht? Freie ZEIT scheinen sie jedenfall genug zu haben - außerhalb der Dienstzeit, da arbeitet er ja immens fleißig und effektiv wie man so hört...
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Re: Fahrerflucht

#9

Beitrag von forest » Fr 5. Aug 2016, 23:00

SLR hat geschrieben:
Schon ein bisschen sehr anstrengend. Jetzt sind's schon 6 Seiten, durch die man sich durchkämpfen muss. Wird der nach Zeilen bezahlt? Verdienen Bundesrichter so schlecht? Freie ZEIT scheinen sie jedenfall genug zu haben - außerhalb der Dienstzeit, da arbeitet er ja immens fleißig und effektiv wie man so hört...
Die Bildauswahl zu Texten ist mir schon bei der SZ subtil vorgekommen und wohl ein malifiziöses Geschäft, das auch die FAZ beherrschen zu scheint.
Beleg nochmal: http://www.faz.net/aktuell/politik/inla ... 64561.html
Bei Gina-Lisa wurde heute ein Foto in einer freiheitlich-demokratischen Grundausrüstungszeitung ausgewechselt, aber wohl nicht wegen der begleitenden Juristen darauf, zumindest vermutlich nicht wegen deren Aussehens. Für meines wäre ich tauschbereit gewesen.

Fischer hat sich in der 'Nein ist Nein'-Sache in die ihm, uns und dem Gesetzgeber gebührende rechtliche und praktische Tiefe begeben und neuerdings scheinbare Untiefen aufgedeckt, die keine sind, wie er dargelegt hat. Soll er aussehen wie er will oder nicht. Er macht einen guten Job als BGHler übers Wochenend. Jeder Abel hat seinen Kain.

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Re: Fahrerflucht

#10

Beitrag von SLR » Sa 6. Aug 2016, 09:23

Die Bildauswahl ist der Feststellung Fischers geschuldet, Zschäpe habe ein teigiges Mondgesicht. Da visualisitert der Artikelverfasser sofort Glaushaussteine und sagte zum Layouter: Das müssen wir für den Leser sichtbar machen, dass der Herr Fischer ein Steinewerfer ist.

Das Problem ist ja nur, dass die Guten immer ins Abheben kommen müssen. Und natürlich ist auch Fischer nicht immer im Recht.

Schön waren aber die Ausführungen über die 'Schwierigkeiten einen Raub zu begehen'.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... gesetzbuch
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